„1990 begründeten wir unsere eigene Tradition - und auch heute machen wir uns frei von Trends und Moden“ erscheint als Statement beim Öffnen der Webseite des Weingutes. Selbstbewusst führt Aaron Schwegler das vom Vater gegründete Weingut heute weiter. Klasse statt Masse und Heimatverbundenheit könnte man etwas oberflächlich zusammenfassen, was im Fokus steht. Er war in der Welt unterwegs um wieder in Korb, in Württemberg anzukommen und Weine wachsen zu lassen, die das Remstal zeigen und international ankommen.



Das Winzer-Interview

Warum sind Sie Winzer, bzw. Weingärtner geworden?

Aaron Schwegler: "In der elften Klasse habe ich mit der Schule aufgehört. Ich möchte jeden Morgen für etwas aufstehen, das mir Spaß macht - und in die Schule bin ich nie gerne gegangen. Es hat mich schon immer interessiert mit meinem Vater zusammen zu arbeiten und im Keller dabei zu sein. Mein Vater ist eher der passionierte Kellermeister, während es mich total fasziniert hat den Weinbau und die Rebe als Pflanze kennenzulernen. Die Gestaltung und den Einfluss, den die Arbeit im Weinberg auf die Rebe und damit auf die Beeren hat – einfach damit die 100% an möglicher Qualität zu erreichen – das ist für mich faszinierend.
Mit 17 Jahren habe ich die Lehre angefangen. Wenn mich etwas interessiert kann ich auch in die Schule gehen, die Berufsschule ; ). Prägend waren danach meine Stationen bei den Weingütern Dr. Heger und Bernhard Ellwanger, als auch die Praktika bei Gantenbein und in Kalifornien bei Jim Clendenen. "

Was bereitet Ihnen die meiste Freude bei der Arbeit mit Wein?

Aaron Schwegler: " Die abwechslungsreiche Arbeit im Weingut, die sich mehrfach täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich… ändert. Es ist nicht vorhersehbar, wie genau der Tag, die Woche, der Monat oder das Jahr verlaufen wird. Man muss sich immer wieder neu auf die Gegebenheiten einstellen, was den Alltag bei allen routinierten Handgriffen immer wieder neu macht. Jedes Jahr wechseln die Anforderungen aufs Neue, auf die man sich einstellt. Offenen Auges das Neue wahrnehmen und sich mit ihm entwickeln, eine neue Strategie von der Laubarbeit bis zur Lese entwickeln, die das Beste für die Rebe und den Weinberg ist. Jedes Jahr gilt es neu zu überlegen wie man den Charakter, die Idee in diesem Jahrgang rüberbringt. "

Wie groß ist Ihr Betrieb?

Aaron Schwegler: "Der Vater hat im Nebenerwerb mit 1,5 Hektar gearbeitet, die wir dann nach der Übernahme auf 12 Hektar erweitert haben. "

Werden die Weinberge von Hand oder maschinell bearbeitet?

Aaron Schwegler: " Alle Arbeiten an der Rebe werden von Hand gemacht und die Bodenbearbeitung und -pflege machen wir mit dem Traktor. Ziel ist es Jahr für Jahr die Bearbeitung so optimal zu gestalten, dass bester Wein entsteht. "

Bei so viel Handarbeit: Wie viele Mitarbeiter sind auf dem Weingut beschäftigt?

Aaron Schwegler: " Wir, das sind meine Frau und ich, haben zwei festangestellte Vollzeitmitarbeiter, die überwiegend im Außenbetreib tätig sind. Die Anforderungen an sie sind sehr hoch. Der Umgang mit den verschiedenen Maschinen, die Arbeit mit der Technik und den Barriques im Keller erfordern Wissen und Erfahrung. Wir sind auch ein Ausbildungsbetrieb mit zur Zeit einem Auszubildenden im Dualen Studium und diesen Herbst startet ein/e neue/r Auszubildende/r. Saisonal arbeiten noch drei Teams zwischen zwei und acht Personen im Wechsel bei uns. Sie kommen aus Rumänien und bringen die Fertigkeiten für das Arbeiten und den Umgang mit Kulturlandschaft und Nutzpflanzen mit. Ein Team kümmert sich um die Winterarbeit im Weinberg wie das alte Holz entfernen und das Anbinden der neuen Triebe. Das Sommerteam macht die Laubarbeiten und das Team für die Lesezeit startet mit der Grünlese und arbeitet die gesamte Lesezeit bei uns. In der Hauptlesezeit helfen noch eine Vielzahl von verschiedensten Leuten mit - eine klassische schwäbische Lesemannschaft eben! "

Arbeiten Ihre Eltern noch im Betrieb mit?

Aaron Schwegler: " Seit 2016 habe ich den Betrieb ganz übernommen. Sie springen mal als Urlaubsvertretung ein, halten sich aber ansonsten raus. Sie haben mir die Verantwortung übergeben und wissen, dass ich nun für alle Risiken hafte. „Wer zahlt bestimmt“. Ich rechne es ihnen hoch an, dass sie den Betrieb so loslassen können. "

Das Thema nachhaltiger Weinbau ist in vieler Munde. Ihr Betrieb ist in der Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung und wird dann auch als solcher zertifiziert. Sie bezeichnen sich als „Terroir-Handwerker“, da ist ökologisches Arbeiten doch nur konsequent, oder?

Aaron Schwegler: " Als meine Eltern den Betrieb im Nebenerwerb Ende der 1980er Jahre gegründet haben, haben sie angefangen die Wengert biologisch zu bewirtschaften. Sie waren damals echte Rebellen, die das Unkraut zwischen den Rebstöcken wachsen ließen und andere unkonventionelle Dinge, die doch sehr skeptisch beäugt wurden, ausprobiert haben. Für die Zertifizierung muss man nachweislich drei Jahre ökologisch gewirtschaftet haben. Da wir über die letzten Jahre ständig weitergewachsen sind und damit beständig mit neuen Parzellen in der Umstellung befunden haben, ist eine Zertifizierung erst sinnvoll, wenn die Weine nach ihrer Lagerzeit im Keller auch tatsächlich den Vorgaben entsprechen. Zu den drei Jahren, die im Weinberg ökologisch gearbeitet wird, kommen bei uns noch die langen Reifezeiten im Fass, so dass es bei uns bis zu sechs Jahren dauert, bis der Wein dann in Flaschen in den Verkauf gelangt. Ich sehe es als maximale Verantwortung für die nächste Generation einen gesunden Weinbergsboden zu übergeben. "

Ihre Aussage „Auch heute machen wir uns frei von Trends und Moden.“ passt dann auch zu dem Thema.

Aaron Schwegler: " Die Nachhaltigkeit von Moden ist zu hinterfragen. Ein Trend hat nichts Nachhaltiges. Ob in der Modebranche oder bei anderen Gütern verbrauchen kurzlebige Trends Ressourcen, die nicht so schnell nachwachsen, wie die Trends wechseln. "

Lesezeitpunkt: Was gibt den Ausschlag für die Reife? Wie sollten die Trauben im besten Fall sein. 

Aaron Schwegler: " Schmecken sollte sie! Wichtig ist, dass die Beeren und die Kerne schmecken. Je nach Wetter machen wir eine selektive Vorlese um z.B. vom Regen beschädigte Trauben zu entfernen und die Parzelle fit zu machen, dass die gesunden Trauben noch die nötige Zeit zum Ausreifen haben. Der Ausdruck vom Charakter der Traube und das Zusammenspiel von Süße und Säure sind dann ausschlaggebend. "

Hat der Klimawandel Einfluss auf den Lesezeitpunkt?

Aaron Schwegler: " Ein deutliches JA. Wir haben die Herbstbücher der letzten 20 Jahre durchgeschaut. Im Vergleich zu den früheren Jahren ist der Lesebeginn heute 14 Tage eher. In trockenen und heißen Sommern sind wir mit der Hauptlesezeit auch bis zu drei Wochen früher dran. Das Frühlingserwachen ist immer früher und damit startet der Vegetationszyklus heute 3-4 Wochen früher. Einen weiteren Einfluss auf das Thema haben die zunehmend geringeren Niederschläge. Es ist bereits das fünfte Jahr in Folge zu wenig Wasser im Boden. Die Landwirtschaft muss sich umstellen und Arbeitsweisen verändern. Für den Weinbau bedeutet das einen neuen Umgang mit Begrünungen & Bodenbearbeitung. "

Sie haben eine Vielzahl von Rebsorten. Da sind regionale „Klassiker“ wie Trollinger dabei und auch internationale, wie z.B. der Cabernet Franc oder Syrah. Spielt der Klimawandel eine Rolle bei der Auswahl der Rebsorten bei Neuanpflanzungen?

Aaron Schwegler: " Mit dem Thema Klimawandel ist der Umweltschutz gekoppelt. Dazu gehört es weniger Pflanzenschutzmittel auszubringen. Von den „herkömmlichen“ Rebsorten braucht Regent fast keine Pflanzenschutzmittel im Vergleich zu den anderen. Wir haben zum Ausprobieren Cabertin, eine interspezifische Rebsorte, angepflanzt. Diese pilzresistenten Rebsorten reifen allerdings deutlich früher aus als die herkömmlichen Sorten. Sie entwickeln viel früher mehr Aromen und Zucker, und obwohl min. 2.500 verschieden interspezifische Sorten gibt, ist das ein Problem mit der zunehmenden Erwärmung und ihrer früheren Reife. Es bleibt aber ein sehr spannendes Feld, das es zu beobachten gilt. "

Weinbereitung

Wie vergären die Weine in Ihrem Keller: spontan oder mit Reinzuchthefen?

Aaron Schwegler: " Da bin ich ganz frei von Dogmen. Es darf gären, wie es geht! Aber da ist eine Begriffsklärung „Spontangärung“ vielleicht auch noch einmal angebracht. Mir kann kein Händler Hefen oder andere Mittel zur Weinbereitung verkaufen. Unsere Weine gären mit Hefen aus unserem Keller. Wenn ein Fass nicht spontan anfängt zu gären, d.h. zu wenig Weinbergs eigene Hefen mitbringt, wird es mit der Maische aus einem anderen Fass überimpft. Alles andere ist für mich unterlassene Hilfeleistung. "

Wie ist es dann mit der Zugabe von Schwefel?

Aaron Schwegler: " Wir verwenden so wenig Schwefel wie möglich. Die Weine werden vor der Füllung abhängig vom PH-Wert jedes einzelnen Weines geschwefelt. Wenn sich ein Wein in eine falsche Richtung entwickelt muss man intervenieren. Wenn er oxidiert braucht er Schwefel. Aus Gründen falsch verstandener Natürlichkeit im Wein Fehltöne zu gestatten ist wie Kinder nicht zu fördern. Auch Kinder brauchen immer mal wieder Hinweise und eine Richtung. "

Wie handhaben Sie es mit der Filtration? Werden Ihre Weine filtriert?

Aaron Schwegler: " Riesling und Rosé werden filtriert- sonst nichts. Durch unsere langen Lagerzeiten im Fass, setzt sich das Depot ab. Die Weine dann vom Depot abzuziehen erfordert handwerkliches Geschick. Das sollte aber in jedem Fall gemacht werden, da die im Depot vorhandenen Hefen abgestorbenes organisches Material sind, das, damit es keine negativen Einflüsse in den Wein bringt, entfernt werden muss. "

Was ist Ihre Philosophie?

Aaron Schwegler: " Ich möchte Weine produzieren, die Jahrgang und Herkunft repräsentieren. Die Weine tragen meine Handschrift und sie spiegeln die Parzelle und den Jahrgang wider. Sonst macht es keinen Sinn den Jahrgang eines Weines auf das Etikett zu schreiben. Der Jahrgang sagt etwas über die Einzigartigkeit des Weines und über seine Trinkreife aus. Er ist keineswegs als Mindesthaltbarkeitsdatum zu verstehen. "

Wo liegen die Stärken des Weingutes? Was macht den persönlichen Fußabdruck aus?

Aaron Schwegler: " Die Stärken des Weingutes liegen in der jeweiligen Region, in der es angesiedelt ist. Ein Weingut mit seinen Weinbergen kann nicht umziehen. Der Standort und das jeweilige Terroir sind wichtig und wesentlich. "

Was war das persönliche TOP und welches der FLOPP bis jetzt in der Karriere als Winzer?

Aaron Schwegler: " Als Top würde ich die Erfahrungen und nachhaltigen Erkenntnisse bezeichnen, die ich in den Betrieben von Toppwinzern dank ihrer Persönlichkeit und dem Arbeiten in den Betrieben machen konnte. Flopps sind in meinen Augen industrielle Weine, denen jegliche Faszination fehlt. "

Wenn jemand Sie noch nicht kennt, welchen Einsteiger-/Anfängerwein würden Sie ihm empfehlen?

Aaron Schwegler: " d´r Oifache, den Riesling Gutswein und den Rosé. Das sind unsere Alltagsweine, die zeigen, wie wir Wein machen. Wenn ich von anderen Gütern Wein probiere, probiere ich immer zuerst die einfachen Weine, weil sie ehrlich transportieren, wie der Winzer seine Weine mit seinen Weinen umgeht. "

Was ist Ihr eigener Lieblingswein aus dem eigenen Weingut und gibt es Weine von anderen Weingütern, die Sie sehr schätzen?

Aaron Schwegler: " Jeder Wein hat seinen Einsatzbereich, da könnte ich mich nicht auf einen festlegen. Von anderen Weingütern gibt es viele Weine, die mich nachhaltig geprägt haben, und ich probiere neugierig so viel wie möglich andere Weine. "



Haben Sie Wünsche/Visionen für die Zukunft?

Aaron Schwegler: " Das, was wir bei uns in der Region haben, die Einzigartigkeit des Remstals, zu transportieren ist mein Wunsch und Ziel für die Zukunft. "


Vielen Dank!

Anke Kürschner

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